Proviantmagazin Torgau: Zukunft gesucht 


Ein lebendiger Labortag 2024 in Torgau ist abgeschlossen. Fast 40 Teilnehmer:innen aus ganz Sachsen und Thüringen haben sich am 16. August 2024 einen Tag lang Zeit genommen, um gemeinsam Nutzungsideen für das Proviantmagazin weiterzuentwickeln und damit einen Beitrag zur Belebung der Stadt Torgau zu leisten. HERZLICHEN DANK!

Nach Gesprächen im Frühjahr mit dem Oberbürgermeister von Torgau, Herrn Henrik Simon, hatte sich das Labortag-Team des Denkmalnetzes Sachsen dazu entschlossen, gemeinsam mit dem Denkmaleigentümer Henry Goldammer einen Workshop-Tag zu organisieren. Das Proviantmagazin ist ein eindrucksvolles, großflächiges Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert, das weder aus der Geschichte noch aus dem Stadtbild wegzudenken ist. Die einheitliche Fassade lässt jedoch kaum erahnen, was sich heute in den vier Geschossen und dem Dachgeschoss verbirgt. Die Teilnutzung reicht nicht aus, um das Proviantmagazin wieder zu einem attraktiven Anziehungspunkt in der Stadt zu machen.

Wir haben uns die Frage gestellt, was oder wen es braucht, damit das großflächige, 300 Jahre alte Bauwerk besser in das Stadtleben integriert werden kann. Ziel des Labortages 2024 war es, bestehende Nutzungsideen durch die Beteiligten auf ihre Machbarkeit einschätzen zu lassen sowie in der Zusammenarbeit mögliche neue Nutzungsideen zu generieren. Dazu hatte das Denkmalnetz Sachsen Personen mit unterschiedlichen Erfahrungshorizonten und Kompetenzen eingeladen. Es nahmen Teilnehmer:innen aus Nutzernetzwerken, strategische Denker:innen, Architekt:innen, Projektentwickler:innen, Denkmalpfleger:innen, Bauingenieur:innen und natürlich auch Bürger:innen teil.

Bevor jedoch zielgerichtet über Ideen diskutiert wurde, stellten Expert:innen der Gruppe wichtige Hintergrundinformationen zur Stadt Torgau und zum konkreten Objekt vor, wie Herr Sebastian Wetzer über Förderkulissen und bestehende Entwicklungsvorhaben oder Henry Goldammer, der über die Nutzungsgeschichte berichtete und seine Ansätze präsentierte, um das gesamte Gebäude weiterzuentwickeln.

Ein weiterer Input-Block setzte das Proviantmagazin in einen größeren Kontext. Florian Dossin vom Institut für Graue Energie e.V. stellte weitere historische Speicher sowie deren Herausforderungen und durchgeführte Umnutzungen vor. Herr Roman Grabolle von der „Dezentrale – Netzwerk für gemeinschaftliches Wohnen im ländlichen Raum“ warf mit seinem Vortrag einen Nutzerblick auf das Gebäude. Heiko Schilling erweiterte mit seinen Umbau-Beispielen den architektonischen Horizont. Seine Umsetzungsvorschläge durch selbsttragende Module in verschiedenen Größen bieten energieeffiziente Nutzungen großer und hoher Räume, ohne die Tragfähigkeit der Außenwände zu beeinträchtigen.

Bei der sommerlichen Wärme waren alle froh, im Erdgeschoss des Proviantmagazins hinter dicken Mauern in einer kühlen, aber behaglichen Umgebung den Grußworten und Vorträgen zuzuhören. Theorie ist das eine, das räumliche Erleben das andere. In zwei Gruppen führte Herr Goldammer die Teilnehmer:innen durch die Geschosse des L-förmigen, zweiteiligen Gebäudes. Cornelia König, Museumsleiterin der Stadt Torgau, leitete den Rundgang durch die Stadt, um allen einen lebendigen Eindruck von der Umgebung und den Entwicklungen der letzten Jahre zu verschaffen. Vielen Dank für die geduldige Beantwortung aller Fragen.

Die Hintergrundinformationen, Wissensbausteine und das räumliche Erleben haben den Teilnehmer:innen verschiedene Eindrücke und Blickwinkel vermittelt. In der nachmittäglichen Workshop-Phase bildeten sich vier Kleingruppen, die sich fokussiert einer zukünftigen Nutzung widmeten. Um Ideen frei zu generieren und gleichzeitig einer ersten Machbarkeitsprüfung zu unterziehen, hatten die Moderator:innen die Methode des explorativen Prototypings gewählt.

Angeleitet durch die Tischmoderator:innen wurde in drei Runden gearbeitet. In der ersten Runde konnte die Gruppe frei assoziieren und zunächst Ideen wie am Fließband entwickeln. Diese wurden von der nächsten Gruppe in Runde 2 begutachtet, debattiert und zu einem Konzeptansatz verbunden. In der dritten Runde entschied sich die nächste Gruppe schließlich für einen Ansatz und verfeinerte diesen durch Ergänzungen und Fragestellungen. So entstanden vier finale individuelle Vorschläge mit fundierten Einschätzungen, die dem Denkmaleigentümer und den Stadtvertreter:innen zur Unterstützung bereitgestellt werden.

Aussicht: Manche Ideen lassen sich nicht sofort umsetzen, aber sie können Anstöße für neue Kooperationen und Ideen geben. Das Denkmalnetz Sachsen wird sich auch in den kommenden Monaten weiter einbringen und sich mit den Vertreter:innen von Torgau vernetzen. Bereits jetzt hat ein erstes Folgegespräch stattgefunden, ein Weiteres ist für Anfang des nächsten Jahres geplant.

Wir möchten uns noch einmal recht herzlich bei der Stadt Torgau bedanken, die so offen in den Labortag eingestiegen ist und darüber hinaus für das leibliche Wohl gesorgt hat. Besonders danken möchten wir Stefanie Stramm vom Innenstadtmanagement und Franziska Weidner von der Wirtschaftsförderung. Es war spürbar, wie sehr allen Torgau und die denkmalgeschützte Innenstadt am Herzen liegen.

Vielen Dank an Henry Goldammer für die Einblicke und die offene Zusammenarbeit. Wir hoffen, dass weitere Mitstreiter:innen die Visionen für das Proviantmagazin teilen werden.

Für weitere Einblicke hat die Journalistin Bärbel Schumann in der Torgauer Zeitung ihre Eindrücke zum Labortag festgehalten.

Möchten Sie mehr über den Labortag erfahren? Dann lesen Sie hier mehr zu unserem ersten Labortag 2023...

Fotos: DNS, Vanessa Wilson